Ägypten brennt

Die ägyptische Polizei geht mit grosser Härte gegen Demonstranten vor. Nobelpreisträger Mohammed al-Baradei wurde offenbar kurzzeitig festgesetzt.

Zehntausende Menschen demonstrierten nach dem Freitagsgebet um die Mittagszeit in den wichtigsten Städten des Landes gegen die Regierung von Präsident Husni Mubarak (82). In Kairo feuerten Soldaten laut Augenzeugen Schüsse in die Luft, um die Menschen im Stadtzentrum auseinanderzutreiben. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein.Friedensnobelpreisträger Al-Baradei (68), der sich an die Spitze der Demonstranten setzen will, wurde am Mittag offenbar vorübergehend festgesetzt. Nach einem Bericht des Fernsehsenders Al Dschasira hinderten ihn Ordnungskräfte nach dem Freitagsgebet in Kairo am Verlassen einer Moschee.

Auch vor dem Präsidentenpalast in Heliopolis versammelten sich Demonstranten, wie der Sender Al-Arabiya meldete. Präsident Mubarak hielt sich zu dem Zeitpunkt aber vermutlich nicht dort auf.Die ägyptische Polizei soll vor Beginn der Grossdemonstrationen aufgefordert worden sein, notfalls auch zur Waffe greifen. «Die Polizei hat klare Anweisungen erhalten, jede Demonstration zu verhindern und notfalls auch direkt auf mögliche Demonstranten zu schiessen», hiess es aus Sicherheitskreisen.Auf den grossen Plätzen von Kairo standen gepanzerte Truppentransporter, in den Nebenstrassen zahlreiche Polizeiwagen.Die ägyptische Regierung schaltete nach dem Internet auch Mobilfunknetze ab, um die massiven Proteste einzudämmen. Über diese Kommunikationskanäle waren Aufrufe zu Protesten verbreitet worden.

Die ägyptischen Telekommunikationsfirmen sollen in einer geheimen Krisensitzung beschlossen haben, im Falle einer Eskalation der Proteste an diesem Freitag alle Kommunikationskanäle zu kappen, wie die unabhängige ägyptische Tageszeitung «Al-Shorouk» berichtete.Nach Angaben des britischen Telekom-Konzerns Vodafone wurden alle Mobilfunk-Betreiber in Ägypten angewiesen worden, den Betrieb in ausgewählten Regionen einzustellen. Textnachrichten konnten nicht mehr versendet werden.Websites wie Twitter, Facebook und der Email-Dienst von Google waren vollständig blockiert. Der Internetzugang über ägyptische Server war schon kurz nach Mitternacht blockiert worden.