Lockender Reichtum-Strukturvertrieb

Strukturvertriebe produzieren nichts, sondern sind reine Vertriebsorganisationen, zum Beispiel für Versicherungen, Kosmetika oder Gold. Ihre Außendienstler arbeiten auf eigene Rechnung und gelten als Drücker, Klopper, Bauernfänger. Wer reichlich Umsatz macht und viele Leute anwirbt, die wieder Leute anwerben, der verdient an deren Provisionen mit und steigt auf.

Ein wichtiges Merkmal aller Strukturvertriebe ist daher wie bei einer Sekte das Rekrutieren frischer Adepten. Wer ganz oben landet, kann fünfstellige Summen im Monat verdienen. Die Leute werden mit der Vision gelockt: Du kannst alles erreichen, egal ob du Professor oder Straßenfeger bist. Doch die letzten beißen die Hunde. Für den früheren Studenten Peter Martin begann die Struktur-Karriere mit einem Telefonanruf. Anschließend traf er sich mit einem Herrn, der im BMW und gutgekleidet erschien. „27 Jahre alt, ein dickes Auto, Goldketten und teure Klamotten der mußte gewaltig Kohle verdienen“, dachte Weghorn. Mehr als zwei Stunden hörte er sich an, was der Mann ihm zu bieten hatte: Chancen aufs große Geld, Aufstiegsmöglichkeiten bis zum „Topmanager“. Trotz der Skepsis besuchte er das „Grundseminar“.
In diesen Werbemeetings springen Mitarbeiter auf und sagen: „Ich war Bauarbeiter, jetzt verdiene ich 2000 Euro die Woche, und vor der Tür steht mein BMW!“ Wer dann in seinem Bekanntenkreis ein paar Lebensversicherungen oder Kosmetika verkauft, beginnt zu glauben, daß in der Firma tatsächlich viel Geld zu machen sei. Viele Neulinge steigen bald hauptberuflich ein. Sie merken aber schnell, daß auf den unteren Stufen wenig zu verdienen ist, denn die Strukturhöheren kassieren immer mit. Die Wahrscheinlichkeit, ganz oben mitzuspielen, ist fast gleich Null.