Wie „Clean Label“ die Natürlichkeit von Lebensmitteln vortäuschen

Wenn Rote Beete Pulver dem Fruchtjoghurt Farbe verleiht, ein Hefeextrakt Lebensmittel geschmacklich aufpeppt, der Kräuter-Kombucha-Extrakt Wurstwaren umrötet, haben die Technologen der Lebensmittelproduzenten, eigenen Aussagen nach, die Rezeptur verbessert, das Produkt „optimiert“ und noch „besser gemacht“.

Der Verzicht auf Geschmacksverstärker oder Farb- und Konservierungsstoffe wird bei Lebensmittelproduzenten immer beliebter. „So genannte Clean Label („Saubere“ Etiketten) erwecken bei Verbrauchern den Anschein, es handele sich um ein „sauberes“ Produkt ohne Zusatzstoffe,“ sagt Jan Müller von der Verbraucherzentrale Sachsen.
Das Problem besteht darin, dass die Zusatzstoffe zwar tatsächlich aus den Rezepturen entfernt und dafür neue, nicht als Zusatzstoff zu deklarierende Zutaten eingesetzt werden, die denselben technologischen Nutzen aufweisen. So vermag beispielsweise ein zugesetzter Hefeextrakt ob seines Anteils an freier Glutaminsäure bzw. ihrer Salze den Geschmack von herzhaften Produkten im selben Maße deutlich zu verstärken, wie es bislang isoliertes (Natrium-)Glutamat tat. Der Unterschied besteht darin, dass Hefeextrakt nicht als Zusatzstoff gilt und demnach als „einfache“ Zutat deklariert wird. Das Produkt wird dann mit dem Versprechen „Natürlich OHNE Geschmacksverstärker“ beworben und bekommt damit ein gesünderes Image, was vermutlich zu einer gesteigerten Akzeptanz am Markt führt.
Die beworbene Natürlichkeit des Lebensmittels ist jedoch nur Schein. „Anders als Begriffe wie „Ökologisch“ ist die Begrifflichkeit „Natürlichkeit“ weit weniger gesetzlich geregelt und für den Einsatz existieren weite Spielräume für blumige Formulierungen, die allesamt eine Täuschung bzw. zumindest eine Irreführung des Verbrauchers nach sich ziehen könnten,“ so Jan Müller weiter.
Diesen und anderen Missständen wie z. B. bei Zutaten, Zusatzstoffen und Imitaten oder dem Erscheinungsbild des Produktes selbst widmet sich die neue Informations- und Austauschplattform über die Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln www.lebensmittelklarheit.de.
Hier haben Verbraucher die Möglichkeit, sich vor allem zu informieren und darüber hinaus Produkte, von denen sie sich getäuscht fühlen, zu melden. Diese Produkte werden nach einer hinreichenden Prüfung auf Eignung auf der Seite in der entsprechenden Kategorie eingestellt – nebst der Stellungnahme und Reaktion von Verbraucherzentrale und des Herstellers.
Damit verfügt der Verbraucherschutz über ein weiteres Instrument, welches die Arbeit der Verbraucherzentrale zukünftig ergänzt und noch wirksamer gestalten wird.

Quelle:VBZ Sachsen