Conwert Chef zum Thema:Immobilienfinanzierung

Deutsche Banken haben damit weiterhin die Möglichkeit, von ihren Kunden eine Entschädigung zu verlangen, wenn diese ein festverzinsliches Immobiliendarlehen vorzeitig tilgen.

Das ist gut für den deutschen Immobilienmarkt und sichert seine vielgepriesene Stabilität: Denn nach einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsentwicklung ist der deutsche Immobilienmarkt vor allem deshalb von den Auswirkungen der Krise verschont geblieben, weil der Anteil festverzinslicher Immobiliendarlehen in Deutschland mit 85 Prozent deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegt.

Sicher, für einzelne Darlehensnehmer in Deutschland ist es durchaus schmerzhaft, wenn sie der Bank die so genannte Vorfälligkeitsentschädigung für den entgangenen Zinsgewinn zahlen müssen. Vor allem, weil sie oft zu viel bezahlen: Zwar ist die Berechnung des Schadens für die Bank theoretisch einfach – er besteht aus der Differenz zwischen den Zinsen, die die Bank bei Fortführung des Darlehens eingenommen hätte, und denen, die sie bei Kündigung und Wiederanlage des zurückgezahlten Betrags bekäme, plus Bearbeitungsgebühr. In der Praxis aber war etwa jede zweite von den rund 200 Rechnungen falsch, die die Verbraucherzentrale Bremen im ersten Halbjahr 2009 kontrolliert hat.

Die Praxis zeigt aber auch: Es geraten erfahrungsgemäß nur vergleichsweise wenige Darlehensnehmer in eine wirtschaftliche Situation, in der der Verkauf eines langfristigen Hypothekendarlehens wirtschaftlich sinnvoll oder notwendig ist. Unter einem Verbot der Ausgleichszahlungen würden jedoch alle künftigen Hypothekenkreditnehmer leiden. Denn zum einen würden die deutschen Banken sicherlich mögliche Ertragsausfälle bei der Kreditvergabe mit einpreisen. Das heißt, die Kosten für langfristig festverzinsliche Hypothekendarlehen würden sich deutlich erhöhen. Zum anderen ist die Entschädigung eine wichtige Voraussetzung für das vergleichsweise breite Angebot an festverzinslichen Hypothekendarlehen in Deutschland. Nur wenn die Banken bei einer vorzeitigen Kündigung einen Ausgleich für entgangene Zinseinkünfte erhalten, lohnt sich für sie das Geschäft mit Baukrediten mit fixem Zinssatz und einer Laufzeit von zehn und mehr Jahren. Fällt die Entschädigung weg, geht das Angebot an solchen Produkten zurück. Das heißt, es kommen vermehrt Darlehen mit einer variablen Verzinsung auf den Markt.
Mit dem Wegfall der Vorfälligkeitsentschädigung müssten Immobilienkäufer damit in Zukunft mehr für ihre festverzinslichen Kredite bezahlen oder aber auf Investitionssicherheit verzichten und sich auf ein variables Darlehen einlassen. Zinsen für variable Darlehen werden alle drei bis sechs Monate an den Referenzzins, den Dreimonats-Euribor, angepasst. Der Euribor ist ein Zinssatz, den Banken voneinander beim Handel von Einlagen mit kurzen Laufzeiten verlangen. Er gilt damit als Referenzzinssatz für variable Darlehen. Mit dem Anstieg des Euribor verteuern sich variable Kredite, die auf ihm basieren.

Darlehensnehmer in anderen europäischen Ländern bekommen das immer wieder zu spüren. In Spanien beispielsweise haben praktisch alle Hypothekenkredite variable Zinssätze. Als zwischen Ende 2004 und Juli 2007 der Euribor von 2,2 auf 4,2 Prozent stieg, erhöhten sich die Hypothekenzinsen im Schnitt bereits von 3,4 auf 5,5 Prozent. Bei einem Darlehensvertrag von 150.000 Euro war die monatliche Zinsbelastung somit schon von rund 440 auf 690 Euro gestiegen. Im Verlauf des August 2007 erhöhte sich der Euribor wiederum um ein halbes Prozent. Für einen durchschnittlichen spanischen Darlehensnehmer bedeutete das eine weitere Mehrbelastung von 60 Euro monatlich. Ein ähnliches Szenario ist in den kommenden Jahren denkbar – wenn auch außerhalb Deutschlands die Konjunktur wieder anzieht. Wer in Deutschland 2010 einen variablen Kredit zu unter zwei Prozent aufgenommen hat, muss heute bereits rund 0,5 Prozent mehr zahlen, Tendenz steigend.

Ein höherer Anteil variabler Immobiliendarlehen bedeutet insofern eine größere Volatilität der Hauspreise und höhere Risiken für Hauskäufer. Das ist ein guter Grund, in Deutschland die Rahmenbedingungen für festverzinsliche Hypothekendarlehen zu erhalten.